Mit dem Förderverein auf den Spuren der ältesten erhaltenen Monumente Nordwestdeutschlands

Ein Bericht von Silke Vierkötter

Düwelsteene bei Heiden – Großsteingräber Wildeshauser Geest – Kleinenknetener Steine I und II – Pestruper Gräberfeld – Landesmuseum Natur und Mensch Oldenburg – Große Sloopsteene bei Lotte-Wersen

Samstag, 15. April 2023: Endlich ist es wieder soweit. Nach einer gefühlten Ewigkeit der nie enden wollenden Corona Pandemie starten wir gut gelaunt mit unserem Busfahrer Slawa vom Europaplatz in Herne Richtung Oldenburg. Wir begeben uns unter fachkundiger Führung auf den „Weg der großen Steine“. Im Bus wartet noch eine schöne Überraschung auf unsere Mitglieder: Eine Tüte voller Informationsmaterial. Unter anderem zwei Hefte der Altertumskommission für Westfalen, aus der Reihe „Megalithgräber in Westfalen“ Ausgabe 3 „Die Düwelsteene bei Heiden“ und Ausgabe 1 „Die Großen Sloopsteene bei Lotte-Wersen“. Wir sind mit Fachlektüre also bestens versorgt.

Unsere erste Station sind die „Düwelsteene“ bei Heiden. Ohne große Verzögerung und bei noch trockenem Wetter erreichen wir nach kurzem Fußweg das Großsteingrab. Dr. Kerstin Schierhold versorgt uns hier mit ausführlichen Informationen aus erster Hand, da sie hier geforscht hat. Bei den Düwelsteenen handelt es sich um eine der südlichsten erhaltenen Fundstellen der Trichterbecherkultur. Dieses Großsteingrab wurde mindestens von 3300 – 2600 v. Chr. für Bestattungen genutzt. 1713 wurden die Düwelsteene erstmals durch H.J. Nünning beschrieben und abgebildet.

Weiter geht es Richtung Visbek, wo uns ein leckeres Mittagessen im wunderschön gelegenen Landgasthof Engelmannsbäke im Naturpark Wildeshauser Geest erwartet. Hier treffen wir auf Dr. Svea Mahlstedt. Unter ihrer fachkundigen Führung lernen wir die beeindruckenden Großsteingräber „Heidenopfertisch“ mit seinem mächtigen Deckstein, den „Visbeker Bräutigam“ mit dem längsten Hünenbett Niedersachsens und den sogenannten „Brautwagen“ kennen. Diese Gräber befinden sich landschaftlich schön gelegen direkt hinter dem Landgasthof und können daher prima zu Fuß erkundet werden.

Anschließend fahren wir weiter zu den Großsteingräbern Kleinenknetener Steine I und II. Die beiden Anlagen wurden 1934/1935 unter Leitung des Landesmuseums für Natur und Mensch (früher: Staatliches Museum für Naturkunde und Vorgeschichte) erforscht. Dieses Museum werden wir noch am Sonntag besuchen. Besonders beeindruckend ist hier die Rekonstruktion von Grab I aus den 1930er-Jahren. Diese Anlage hat eine komplette Einfassung (das Hünenbett), ist ein Ganggrab und besteht aus 85 Findlingen und einem deckenden Hügel, der 1.200 m³ Erde beinhaltet. Die rekonstruierte Grabkammer ist sogar begehbar. Wenn man hier hineinsteigt, fühlt man sich fast wie Indiana Jones. Hier wird Geschichte wieder lebendig. Auch die Ausmaße von Grab II lassen uns ein wenig sprachlos zurück. Es ist schon sehr beeindruckend, was unsere Vorfahren ca. 3500 – 2800 v. Chr. mit ihren zur damaligen Zeit zur Verfügung stehenden Mitteln auf die Beine gestellt haben. Vielen Dank Dr. Svea Mahlstedt für die lebendigen Erläuterungen.


Auf dem Weg zu unseren Hotels in Oldenburg kommen wir am Pestruper Gräberfeld vorbei. Es handelt sich um das größte Gräberfeld des nördlichen Europa, ungefähr 39 ha groß. Ca. 630 Grabhügel aus der Bronze- und Eisenzeit (ca. 900-200 v. Chr.) sind hier zu sehen.
Gegen 18.30 Uhr erreichen wir Oldenburg. Wir checken in unsere Hotels ein und freuen uns nach einer kurzen Pause im Hotel auf einen gemütlichen Abend im Ratskeller. Bei leckerem Essen lassen wir den „steinreichen“ Tag ausklingen.

Sonntagmorgen um 10.00 Uhr besuchen wir nach einem ausgiebigen Frühstück das Landesmuseum Natur und Mensch in Oldenburg. Das Museum liegt in unmittelbarer Nähe unserer Hotels, so dass wir zu Fuß dorthin gehen können. Die Dauerausstellung ist nach Landschaften gegliedert: Moor, Küste und Marsch, Geest. Wir widmen uns mit einer Führung durch Herrn Dr. Frank Both vor allem dem Abschnitt zur Geest, um das Gesehene zu vertiefen. Vieles vom Vortag wird nochmals aufgegriffen und erläutert, so dass wir uns danach schon fast wie Steinzeitexperten fühlen. Vielen Dank auch an Herrn Dr. Both für die kenntnisreiche Führung.

Mit Lunchpaket ausgerüstet fahren wir nun zurück Richtung Westfalen, zu den „Großen Sloopsteenen“ bei Lotte-Wersen. Hier führt uns wieder Dr. Kerstin Schierhold. Es handelt sich um das besterhaltene Großsteingrab Westfalens. Die gute Erhaltung ermöglichte es, das Grab in den letzten Jahren virtuell zu rekonstruieren und digital in seinen ursprünglichen Zustand zurück zu versetzen. 1807 gab es hier bereits erste Grabungen. Eine neue Erkenntnis aus den Forschungen ist, dass diese Steine sich im Laufe der letzten Jahrhunderte nicht bewegt haben, obwohl vor allem im 19. Jahrhundert viele Großsteingräber zum Teil oder sogar ganz zerstört wurden. Dies konnte durch Bildvergleiche festgestellt werden. Spannend, oder? Zu den Fundstücken der Grabung aus dem Jahr 2015 gehörten Keramik der Trichterbecherkultur, Steingeräte und sogar menschliche Skelettreste, obwohl die Erhaltungsbedingungen dies nicht vermuten ließen. Und schon gewusst? Auf den Großen Sloopsteenen wachsen auch sehr seltene Moose und Flechten.

Gegen Spätnachmittag sind wir mit jeder Menge spannender Eindrücke zum Thema Megalithgräber wieder zurück in Herne. Alle freuen sich bereits auf unsere zweite Exkursion 2023 im September, um die Jahrtausende alte Megalithkultur in Ostwestfalen und Nordhessen kennenzulernen. Getreu dem Motto: Mit dem Förderverein immer mittendrin!