Modern Times: Schauplätze des 19. und 20. Jh. in Ostwestfalen-Lippe 31.8.-1.9.2024
Entgegen der bisherigen Tradition starten wir zu unserer Exkursion nach Ostwestfalen-Lippe, deren Schwerpunkt passend zur Sonderausstellung „Modern Times“ auf Fundorten und Schauplätzen des 19. und 20. Jh. liegt, diesmal individuell mit Fahrgemeinschaften. Erster Programmpunkt gegen 10.30 Uhr ist der Waldfriedhof Meschede-Fulmecke. Nach Begrüßung und Programmvorstellung durch Günter Sauerhoff und Stefan Leenen erhalten alle Teilnehmer unserer Exkursion wieder ein ausführliches Programm mit interessanten Fakten und Informationen.
Der Waldfriedhof Fulmecke, auch Franzosenfriedhof Meschede oder Gedenkstätte an der Waldstraße genannt, wurde für Kriegsgefangene des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 angelegt. Auf ihm wurden später auch die Opfer des Massakers im Arnsberger Wald kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs bestattet. Hier können wir das Original des am Friedhof für erschossene Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen bei Warstein-Suttrop abgebauten Obelisken in Augenschein nehmen. Eine Kopie war in der Sonderausstellung „Archäologie der Moderne“ in Herne zu sehen.
Am Waldfriedhof Fulmecke starten wir unser Exkursionswochenende. Fotos: Silke Vierkötter
Nächste Station ist die Wewelsburg, Deutschlands einzige Dreiecksburg. Die Wewelsburg wurde 1603–1609 im Stil der Weserrenaissance als Nebenresidenz der Paderborner Fürstbischöfe erbaut. Der dreieckige Bau erhebt sich hoch auf einem Bergsporn im Ortsteil Wewelsburg der Stadt Büren im Kreis Paderborn. Zwischen 1933 und 1945 sollte in der Wewelsburg auf Befehl Heinrich Himmlers ein ideologisches Zentrum der SS entstehen. Eigens zu diesem Zweck wurde im Ort das Konzentrationslager Niederhagen-Wewelsburg errichtet. Die „Erinnerungs- und Gedenkstätte Wewelsburg 1933 – 1945“ befindet sich im ehemaligen SS-Wachgebäude am Burgvorplatz. Hier erwartet uns eine ausführliche und spannende Führung durch die Dauerausstellung „Ideologie und Terror der SS“. Die Ausstellung zeigt die lokale Geschichte der Schutzstaffel in Wewelsburg und des hiesigen Konzentrationslagers, eingebettet in eine umfangreiche Gesamtdarstellung der SS.
SS-Geschichte zwischen historischen Mauern: Dreiecksburg Wewelsburg bei Paderborn. Fotos: Silke Vierkötter
Anschließend fahren wir weiter zur „Alten Eisenbahn“, einer aufgegebenen Eisenbahntunnelbaustelle zwischen Willebadessen und Lichtenau. Das gesamte Gelände steht unter Landschafts- und Denkmalschutz. Die Alte Eisenbahn ist der Versuch, eine Bahnlinie zwischen Kassel und Paderborn durch die Egge zu führen. Begonnen wurde der Tunnelbau 1846, jedoch 1848 aus finanziellen Gründen wieder eingestellt und eine neue Trasse verlegt, die die Egge ohne Tunnel überwand. Direkt am Bodendenkmal führt der Wilderer-Wanderweg vorbei, der uns Einblicke von oben auf beide Einschnitte bietet. Der in der Nähe verlaufende Eggeweg ermöglicht den Blick auf den Osteinschnitt. Beide Wege kreuzen die L 763.
Gegen 18 Uhr erreichen wir unser sehr schön gelegenes Hotel „Waldhotel Bärenstein“ in Horn-Bad Meinberg. Das Hotel liegt unweit der Externsteine, die zu den bekanntesten Natur- und Kulturdenkmälern Deutschlands zählen. Wer mag, nutzt die Gelegenheit zu einer kurzen Wanderung zu den Externsteinen. Mit einem gemütlichen und leckeren Abendessen lassen wir den Abend ausklingen.
Auf den Spuren der Alten Eisenbahn am Eggegebirge und Ausklang des ersten Tages an den Externsteinen bei herrlichem Spätsommerwetter. Fotos: Silke Vierkötter
Mit Lunchpaket ausgestattet brechen wir am nächsten Morgen nach unserem ausgiebigen Frühstück Richtung Haustenbeck auf. Der Weg führt über Durchgangsstraßen durch den Truppenübungsplatz Senne. Haustenbeck wurde im 17. Jh. gegründet und Ende 1939 für die Erweiterung des Truppenübungsplatzes Senne geräumt. Nach kurzem Aufenthalt an der Ruine der evangelischen Kirche und interessanten Erläuterungen durch Stefan Leenen fahren wir weiter Richtung Gedenkstätte Stalag 326 in Schloß Holte-Stukenbrock.
Morgendlicher Kurzbesuch der Ruine der evangelischen Kirche von Haustenbeck. Fotos: Silke Vierkötter
Stalag 326 liegt heute auf dem Gelände der Ausbildungsstätte der Polizei und kann nur nach vorheriger Anmeldung betreten werden. Wir parken auf dem Außengelände und werden von Dr. Burkhard Poste in Empfang genommen. Die Abkürzung Stalag steht für Strafgefangenenlager. 1940 wurde Stalag 326 im Vorfeld des Russlandfeldzuges eingerichtet und war mit mehr als 300.000 durchgeschleusten sowjetischen Kriegsgefangenen eines der größten „Russenlager“ im Deutschen Reich. Es diente als Drehscheibe für die Verteilung von Zwangsarbeitern in Fabriken und Bauernhöfen in Westfalen und im Rheinland oder im Bergbau des Ruhrgebiets.
In dem Lager herrschten katastrophale hygienische Zustände. Die Mangelversorgung der Gefangenen forderte zahlreiche Opfer. Das Lager wurde durch die US-Armee am 02.04.1945 befreit. Dr. Burkhard Poste erläutert uns anhand einzelner Geschichten die Schicksale einiger bekannter Gefangener. Das damalige brutale Regime ist noch heute besonders in der noch erhaltenen Entlausungsbaracke und auf dem sowjetischen Ehrenfriedhof zu spüren, auf dem in 36 Massengräbern mehrere zehntausend Tote verscharrt liegen. Diese Station hinterlässt Gänsehaut. Auf dem Friedhof in meinem Heimatort sind 14 russische Kriegsgefangene (teilweise namenlos) beerdigt, die bei einem Bombenangriff ums Leben gekommen sind. Deren Schicksal sehe ich jetzt noch einmal mit anderen Augen.
Stalag 326. Dr. Burkhard Poste führt uns durch die Gedenkstätte. Fotos: Silke Vierkötter
Unsere letzte Station auf dieser Exkursion ist das Archäologische Freilichtmuseum Oerlinghausen. Auf dem Außengelände legen wir eine Pause ein und freuen uns auf unser Lunchpaket.
Martin Schmidt, Museumsleiter von 1993 bis 2002 und Renate Müller-Fromme führen uns durch das Außengelände. Das Museum wurde 1936 als erstes Freilichtmuseum gegründet, das sich mit Germanen auseinandersetzt. Auf der 1,5 Hektar großen Fläche des Museums gibt es sechs Baugruppen, umgeben von Kulturlandschaften der jeweiligen Epoche (Eisenzeit bis Frühmittelalter). Hier wird Archäologie lebendig gemacht. So sehen die Düppeler Weideschweine aus wie frühmittelalterliche Schweine, und die Ziegen hausen in typisch steinzeitlichen Ziegenställen.
Zum guten Schluss ein Abstecher zum Freilichtmuseum Oerlinghausen mit Einblick in seine Gründungsgeschichte und heutiger Präsentation. Fotos: Silke Vierkötter
Gegen 16 Uhr erreichen wir den Ausgang und das Exkursionswochenende neigt sich dem Ende zu. Wir haben wieder viele interessante und auch nachdenkliche Eindrücke sammeln können. Wir freuen uns schon auf die nächste Exkursion. Getreu dem Motto: Wir bleiben interessiert!
Ein Bericht von Silke Vierkötter